Das Gute liegt so Nahe – am liebsten im Keller

Jedes Jahr veranstaltet die Weinhandlung Boucherville in Zürich seine 2-teilige Deutschlanddegustation im Gewölbekeller im alten Güterbahnhof.  Am Samstag dem 21. Mai lud Peter Kuhn und sein Team zum ersten Teil. Wir teilen mit unseren «Nachbarn» nicht nur Velokeller, Bürokaffeemaschinen und Gewässer, sondern auch die guten klimatischen Bedingungen für hervorragende Weine. Was unsere Nachbarn zu bieten haben …

Diese Veranstaltungen bieten die perfekte Gelegenheit, einen Überblick über den aktuellen Weinjahrgang in Deutschland zu bekommen. Die Vinopathen besuchen diesen Anlass schon seit einigen Jahren regelmässig. Nebst stetig guter und steigender Qualität war leider auch der Preisanstieg einiger Weine zu beobachten. Erfreulich jedoch, das Boucherville dieser Tendenz mit günstigeren Einkaufspreisen ab Gut entgegenwirken kann. Noch  erfreulicher, wenn er einen Teil davon an den Konsumenten weiter gibt. Was aber besonders auffällt ist, dass sich auf den Ausschanktischen zu Rieslingen, Scheureben, Weiss- und Grauburgundern immer mehr der Spätburgunder gesellt. Ein Highlight stellte Bernhard Huber mit seinen Grossen Gewächsen «Bieneberg», «Sommerhalde», «Schlossberg» und «Wildenstein». Hubers Winzerkollege aus Baden, Martin Wassmer, überzeugte mit seinem Pinot Noir «Grand Cru». Nicht nur Qualität und Klasse einigt die Produzenten in der Region Baden mit den Platzhirschen im Burgund. Leider entwickelten sich die Preise dieser Weine ebenso auf ein abenteuerliches Niveau. Es wird wohl ein teures Vergnügen werden, einige dieser Flaschen in die ultimative «Genusszone» hinüberzubringen. Die noch etwas «schroffen» und «ruppigen» Kandidaten aus 2008 liessen uns aber schon einen Blick ins «Genussnirvana» erhaschen. Glück hat, wer da noch einige Flaschen zur Überbrückung im Keller liegen hat, um die Wartezeit zu erdulden.

Der Flegel im Schlegel
Spätburgunder und Weissweine der Superklasse müssen aber nicht zwingend Managerlöhne voraussetzen. Dies zeigen die Weine von Theo Minges. Die pfälzer Winzerpersönlichkeit überzeugte mit seinem Feuer und Leidenschaft für seine Weinphilosophie. Man könnte Theo Minges auch als einen «Rudolf Steiner» der Winzer bezeichnen. Sinnbildlich dafür sein Riesling «Froschkönig». Ein Wein, der nach 18 Monate von seinem Schöpfer wachgeküsst wird. Dies ohne in der besagten Zeit auch nur eine Probe zu entnehmen, um in die Entwicklung des Weines einzugreifen. Oder ihm gar mit Zuchthefe und Kellertechnik zu Leibe zu rücken. «Die Arbeit leiste ich im Weinberg, nicht im Keller», so Theo Minges. «Das Vertrauen in gutes Traubenmaterial und die Selbstfindung der Traubensorte», dies als Erfolgsrezept für einen bemerkenswerten Wein. Minges vergleicht seinen «Froschkönig» mit einem pubertierenden Jugendlichen auf dem Weg zur Persönlichkeitsbildung. Dies alles zu Preisen, die man vergleichsweise als am Boden geblieben bezeichnen kann. Ehrliche Weine, die Spass machen.

Ein Jauch von Prominenz
Prominentester Winzer an diesem Nachmittag war wohl Günter Jauch. Seit letztem Jahr Besitzer des renomierten Weingut von Othegraven. Ihn zu finden war wahrlich nicht sehr schwer. Presseleute und Kameras wiesen den Weg zum Neuwinzer an der Saar. Doch wo waren seine Weine? Diese wurden engagiert von seiner Frau Thea ausgeschenkt. Inzwischen klapperte der Hausherr einen Pressetermin nach dem anderen ab. Es verging doch einiges an Zeit, bis man ihn im Einsatz hinter dem Ausschanktisch sehen konnten. Aufgrund des Andrangs beim frischgebackenen Winzer-Promi-Paar, strichen wir das breite Sortiment aus der Deguliste. Wir liessen es uns jedoch nicht nehmen, ganz zum Schluss noch ein Gläschen Auslese vom Quizmaster himself eingiessen zu lassen. In der einen Hand eine gekühlte ungeöffnete Schlegelflasche seiner Auslese, in der anderen ein tatbereiter Korkenzieher. Zu unser Verblüffung zieht Herr Jauch, anstelle des Korken, einen Joker. Er lässt die Flasche von seinem Kellermeister Andreas Barth öffnen. Nun gut, der Medienrummel hat wohl etwas Kraft gekostet, oder der Moderator bewegt sich doch noch etwas unsicher auf dem Weinparkett. Zum freundlichen «Grüezi» mit Akzent und Ausschank reichte es dann doch. Es ist davon auszugehen, dass nicht nur die Weinhandlung Boucherville vom prominenten Winzerbesuch profitiert. Sicherlich reibt sich der Verbandes Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) die Hände ob so einem prominenten Aushängeschild unter den Winzern.

Samstag, 17. September 2011
Teil 2 der grossen Deutschland-2010-Degustation

Frohes Weinsein!

This entry was posted in Allgemein, Degustation, Deutschland, Rotwein, Weisswein and tagged , , , , , . Bookmark the permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.