Weintunes

Nur vollkommene Vinopathen werden sie hören können: die Weintunes. Einen Wein zu erklären, zu charakterisieren, zu vergleichen und mit Bekanntem in Verbindung zu bringen, darin liegt der Sinn einer Degustationsnotiz. Dies können zum Teil sehr subjektive Empfindungen und Assoziationen sein. Das wiederum wird es allerdings erschweren, das Urteil über einen Wein für eine grössere Leserschaft zugänglich und verständlich zu machen. Mit der Weintunes-Bewertung wollen wir es uns allen einfacher machen, die Grundcharakteristik eines einzelnen Weines hervorzuheben und in ein vergleichbares und möglichst vielen Weininteressierten, aber auch „Weinjungfrauen“ bekanntes Schema zu pressen.

Wir sind uns dessen bewusst, dass eine Typologie, die sich gerade mal auf fünf Typen beschränkt, einem Erzeugnis von solcher Komplexität und so verschiedenen Einflüssen nie und nimmer gerecht werden wird. Trotzdem sind wir überzeugt, vielen weniger versierten Weintrinker damit eine Hilfestellung zu geben, die zudem hoffentlich noch zu vielen spannenden Diskussionen auf der Vinopathen-Plattform Anlass geben wird. Genau deshalb wird bei den Vinopathen in Zukunft neben der klassischen qualitativen Bewertung (20 Punkteskala) mit Hilfe unserer Weintunes-Kategorien die Weintypologie in fünf verschiedene, an Musikgenres angelehnte, Kategorien eingeordnet werden. Jeder degustierte Wein muss bei den Vinopathen zum Vergleich antreten. Das sind die fünf Kategorien und die jeweiligen dazugehörenden Charakteristika:

SCHLAGER – Der theatralische Blender
Der typische SCHLAGER-Wein ist voll und ganz auf Massenproduktion und Mehrheitsgeschmack ausgerichtet. Der Wein ist unkompliziert und einfach im Geschmack, arm an Tanninen und Körper und irgendwie belanglos. Er ist austauschbar und verliert sich im grossen Einheitsbrei dieser wohl bekannten und immer gleich gemachten Dünnbrettbohrer. Der theatralische Blender kommt tanninarm, holzlastig und einseitig balanciert – oft auf der süsslichen Seite – daher. Sein Auftritt ist auf anbiedernde Weise schreierisch und nach Beifall heischend, sein Abgang dagegen kurz.
Fazit: Eine plumpe Show ohne Alterungspotenzial.

POP – Der bekömmliche Spasswein
Der typische POP-Wein bietet einen hohen Spassfaktor. Er ist gut «tanzbar» und in geselliger Runde  ein wahres Animationswunder. Er kommt unkompliziert, aber gut ausbalanciert und voller Harmonie daher. Das liegt unter anderem an seiner hohen Fruchtigkeit, seinen samtigen, abgerundeten Tanninen sowie an einem eher leichten Körper. Sein Popularitätsfaktor ist genau deswegen hoch, sein Nachhaltigkeitsfaktor und Abgang dagegen eher mittelmässig.
Fazit: Nimm mich jetzt und Du wirst es nicht bereuen.

KLASSIK – Der langlebige Traditionalist
Der typische KLASSIK-Wein ist Kulturgut einer Region und ein Evergreen – fest verwurzelt mit einem bestimmten klassischen Stil und von traditioneller Machart. Sein Aromenspektrum ist breit und komplex. Der «Stradivari-Tropfen» besticht durch viel Seele, Tiefgang und bei bester Trinkreife durch vielschichtige Harmonie. Der Wein ist finessenreich von ausgeglichener Balance und strotzt nur so vor Typizität und Mythos. Endloser Abgang des Klassikers: da Capo al Fine…
Fazit: Tradition beweist sich über einen langen Zeitraum und hat seinen Preis.

JAZZ – Der kapriziöse Individualist
Der typische JAZZ-Wein ist ein stolzer «Terroirist» und eigenständiger Individualist. Er ist ein verspielter Weingeselle und nur sehr schwer fass- und vergleichbar. Dieser Sonderstellung ist er sich durchaus bewusst und kann deshalb gut und gerne die kapriziöse Diva raushängen lassen. Diese etwas sperrige, aber komplexe Diva wird im Alter allerdings immer noch besser und vor allem handzahmer. Die eckigen und kantigen Tannine werden allerdings auch nach langer Karriere auf der Kellerbühne einem Schlagerfreund die Freude am Wein vergällen.
Fazit: Liebe auf den zweiten, dritten oder letzten Blick.

ROCK ’N’ ROLL – Der laute Muskelprotz
Der typische ROCK ’N’ ROLL-Wein ist ein fetter, schwerer und körperbetonter Blockbuster ohne Minderwertigkeitskomplexe. Er hat eine grosse Klappe und prahlt mit seinem hohen Alkoholgehalt. Sein Aromaspektrum bleibt überschaubar und seine Konsistenz scheint fast dickflüssig. Sein Auftritt ist druckvoll und explosiv und scheint jeweils hart an der Grenze zu taumeln, dem geneigten Trinker gleich die Rübe wegzusprengen. Ist Parker etwa ein alter Rock ’n’ Roller?
Fazit: Der Bodybuilder unter den Weinen.

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